13.06.2022
Bürgerbegehren „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ - Offener Brief an die Stadträtinnen/Stadträte der Stadt Ingolstadt

Bürgerbegehren im Vergleich zum Ratsbegehren


Sehr geehrter Stadträtinnen, sehr geehrte Stadträte,


wir glauben, dass es sehr viel Unklarheiten im Hinblick auf das Bürgerbegehren im Vergleich zum Ratsbegehren und teilweise auch Unverständnis gibt, warum wir rechtliche Schritte eingeleitet haben. Daher im Folgenden unsere Stellungnahme dazu:

Bürgerbegehren:
Hier kann man zwischen zwei Varianten unterscheiden.
Ein initiierendes Bürgerbegehren schlägt dem Stadtrat etwas vor, beispielsweise für einen Stadtteil eine Brücke über eine vielbefahrene Straße.
Ein kassierendes Bürgerbegehren dient dem „einkassieren“ eines Stadtratsbeschlusses.

Ratsbegehren:
Hier gibt es verschiedene Varianten.
Ein Stadtrat macht bei einem initiierenden Bürgerbegehren einen Gegenvorschlag, beispielsweise soll die Brücke 300m weiter südlich verlaufen, um auch einen Nutzen für einen anderen Stadtteil zu haben.
Der Stadtrat ist sich bei einer wichtigen Entscheidung nicht sicher, wie die Meinung in der Bürgerschaft ist, und befragt diese zum Thema.


Was sind die Konsequenzen bei verschiedenen Konstellationen von Bürgerentscheiden?

Konstellation 1: Reines Bürgerbegehren
Handelt es sich um ein reines Bürgerbegehren müssen in allen Medien etc. die Argumente des Bürgerbegehrens gleichberechtigt denen der Stadt gegenübergestellt werden. Das heißt z.B., dass in „Ingolstadt informiert“ bei drei Seiten Argumente für die Kammerspiele auch drei Seiten gegen die Kammerspiele abgedruckt werden müssen. Die Stadt hat für einen objektiven Austausch der Argumente auf Augenhöhe zu sorgen. Das wirkt sicher auch deeskalierend.

Konstellation 2: Reines Ratsbegehren
Hier sind die Initiatoren des Bürgerbegehrens komplett außen vor. Es besteht z.B. in Ingolstadt nicht einmal das Recht wie im Wahlkampf plakatieren zu dürfen.

Konstellation 3: Ratsbegehren und Bürgerbegehren nebeneinander

In diesem Fall ist das Bürgerbegehren eine „Partei“ und darf auch plakatieren, ist aber von der gleichberechtigten Kommunikation ausgeschlossen. Das Ratsbegehren und das Bürgerbegehren macht für ihren jeweiligen Vorschlag selbst Werbung.
Aus unserer Sicht macht das bei einem initiierenden Bürgerbegehren mit unterschiedlichen Vorschlägen Sinn. Im vorliegenden Fall ist es aus unserer Sicht nicht zulässig, einem kassierenden Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzusetzen, da das kein eigener Vorschlag der Stadt ist. Dieser Vorschlag der Stadt liegt in Form eines Stadtratsbeschlusses schon vor. Durch die aktuelle Vorgehensweise will die Stadt der Intention des Gesetzgebers, Bürgerbegehren und Stadt gleich zu behandeln, aushebeln.

Im Fall „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ ist aus unserer Sicht nur die Konstellation 1 zulässig.

Die Konstellation 3 würde auch zu einer völlig verwirrenden Fragenkombination führen, die nicht dazu dient, die Bürgerschaft klar nach Ihrer Meinung zu fragen.

Da es das Ziel ist, die Bürgerschaft in einfacher Weise zum Thema zu befragen ist unser Vorschlag daher folgender:

Das Bürgerbegehren wird zugelassen. Das Ratsbegehren wird zurückgezogen. Die Fragestellung lautet aber so wie im Ratsbegehren verabschiedet:

„Sind Sie dafür, die Kammerspiele an der Schutterstraße zu bauen (Umsetzung der Projektgenehmigung
des Stadtrates vom 14.12.2021)?“

Um unsere bisherige Vorgehensweise auch verständlich zu machen, hier noch folgende Begründungen:

  •  Um zu verhindern, dass wir gar keine Rechte mehr haben und Konstellation 2 eintritt, mussten wir innerhalb von 4 Wochen nach der Zustellung des ablehnenden Bescheids (05.05.22) Klage einreichen.
  • Um zu verhindern, dass einfach ein Bürgerentscheid nach Konstellation 2 durchgeführt wird, müssen wir eine Einstweilige Anordnung des Gerichts beantragen.


Auch eine Konstellation 3 werden wir nicht akzeptieren. Die Aussichten, dass unser Bürgerbegehren für zulässig erklärt wird und dass das Ratsbegehren gestoppt wird, sind ausgezeichnet. Auch falls es zur Konstellation 3 kommen sollte, werden wir darauf bestehen, das Ratsbegehren für unzulässig erklären zu lassen.

Wir wollen den Bürger in demokratischer und fairer Weise befragen und den Termin am 24.07.22 unbedingt halten. Bitte ziehen Sie daher unseren Kompromissvorschlag oben in Erwägung.

Mit freundlichen Grüßen

Armin Herker
(abgestimmt mit und in Vertretung für Franz Appel und Ralf Bauernfeind)

Dieser Brief geht auch zur Information an die Presse.