Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Scharpf,

die FW Stadtratsfraktion beantragt, der Stadtrat sowie FWA, VPA und JHA mögen beschließen:

  1. Die Zahlung einer übertariflichen Arbeitsmarktzulage für pädagogische Fach- und Ergänzungskräfte wird grundsätzlich abgelehnt.
  2. Durch die Stadt Ingolstadt werden für die pädagogischen Kräfte die weiteren Kosten für Anmeldegebühren, Prüfungsgebühren und Materialkosten übernommen.
  3. Im Sozialpädagogischen Einführungsjahr und im Berufspraktikum werden wettbewerbsfähige Vergütungen festgesetzt und bezahlt.
  4. Für die in Ingolstadt tätigen Fachkräfte werden zusätzliche Anreize – wie beispielsweise Bonuspunkte bei der Wohnraumsuche, vergünstigte Tarife für die Nutzung der Tiefgaragen und des ÖPNV eingerichtet.

Begründung:

Der FW-Stadtratsfraktion ist bewusst, dass derzeit die Gewinnung von pädagogischem Personal für Kindertageseinrichtungen äußerst schwierig und problematisch ist. Neu errichtete Kindertagesstätten können mangels Personal nicht vollumfänglich geöffnet werden.

Wir sehen es allerdings als kontraproduktiv an, durch die freiwillige Zahlung einer Arbeitsmarktzulage einen Anreiz für künftige Mitarbeiter zu schaffen, zumal auch die umgrenzenden Landkreise durch gleichzeitige Arbeitsmarktzulagen, den von der Stadt Ingolstadt gewünschten Effekt wieder zunichte machen. Der uns vorgelegte Entwurf hätte Personalkostenmehrungen von 3,8 Mio € zur Folge – ohne daß eine einzige Stelle mehr besetzt wäre.

Stattdessen schlagen wir eine strukturelle Verbesserung der Ausbildungsbedingungen vor.

Es darf zu keinem ruinösen Wettbewerb um die Erzieherinnen und Erzieher bzw. Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger in der Region kommen. Die Bezahlung einer Arbeitsmarktzulage kostet sehr viel Geld, befeuerte einen Wettbewerb innerhalb der Region und belastet abermals das gute Verhältnis zu unseren Nachbarkommunen und Landkreisen. Offensichtlich wurde aus dem letzten Dissens um die Abwerbeprämie überhaupt nichts gelernt! Wenn die Umlandgemeinden die Arbeitsmarktzulage ebenfalls erhöhen, verpufft der Effekt, denn das Ziel der Aktion müsste doch lauten: mehr Nachwuchs für diese Berufe gewinnen. Da ist es wenig hilfreich, wenn wir an der Gehaltsspirale der ausgebildeten Fachkräfte drehen und nicht bemerken, dass die Attraktivität der Berufswahl bereits im Ausbildungsbereich massiv krankt, ja teilweise sogar abschreckend ist.

Unsere Gesellschaft fordert ein Recht auf KITA Plätze, die Eltern fordern bestmögliche KITA Betreuung mit immer noch längeren Nutzungszeiten und weitreichenderen Betreuungsangeboten – dann müsste sich allerdings der Elternbeitrag ebenfalls deutlich erhöhen und auch die Unternehmen vermehrt in die Pflicht genommen werden.

Wurzel des Problems ist nicht die Abwanderung von Fachkräften in andere Kommunen oder zu anderen Trägern; sondern wir haben das Problem, dass in Summe zu wenig Fachkräfte den Beruf erlernen und nach der Ausbildung am „Kind“ arbeiten.

Für eine transparente Diskussion halten wir es für sinnvoll mit tatsächlichen Zahlen statt mit Tarifbezeichnungen zu argumentieren. Welcher Brutto/ Netto-Verdienst steht den unterschiedlichen Fachkräften (z.B. Kinderpfleger Ausbildungszeit – Ausbildungsvergütung - bei Berufseinstieg – nach 5 Jahren – nach 10 Jahren) zur Verfügung. Gleiches wäre für Erzieherinnen und Leitungskräfte darzustellen. Und gleichzeitig ist eine Darstellung von anderen Berufen für die Einordnung erforderlich (soziale Bereiche, Büroberufe, Handwerk aber auch Lehrberufe).

Nur die Feststellung einer starken Fluktuation allein rechtfertigt noch keine Maßnahme wie eine Arbeitsmarktzulage oder eine Gehaltssteigerung: zwischen der Entgeltsituation und der Fluktuation gibt es nach aktuellen Umfragen keinen kausalen Zusammenhang.

Den Wettbewerb mit den Umlandgemeinden zu eröffnen, dieser Schuss kann nach hinten losgehen.

Mit besseren, günstigeren, attraktiveren regionalen Aus- und Weiterbildungsangeboten in Ingolstadt und bedarfsgerechten Wohnraum- und ÖPNV Angeboten kann eine höhere Attraktivität gesorgt werden.

An den Gründen für die Fluktuation (Frauenberuf – Kindererziehungszeiten - Wohnohrtnähe nach eigenen Kindern – vorzeitiges Ende der Berufsausübung) kann auf kommunaler Ebene nur wenig verändert werden. Aktuell ist der Trend der Weiterbildung im Berufsbild (Sozialpädagogen) durch anschließendes Studium sehr beliebt; dazu kommt eine Veränderung der Beschulung mit Reduzierung der Ausbildungszeit. All das führt dazu, dass vor Ort Kräfte fehlen.

Politische Versprechen, wie Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2025, ohne dass eine Ausbildungsstruktur und der Personalbestand für die aktuelle Situation vorhanden sind, sind nicht hilfreich.

Von Seiten der Landespolitik sollten nicht nur Rechtsansprüche formuliert werden, sondern auch abgestimmte Vorgaben, Konzepte und Lösungen angeboten werden.

 

Hans Stachel, Fraktionsvorsitzender

(für die FW Stadtratsfraktion)

 

Angela Mayr, stellv. Fraktionsvorsitzende